Laboruntersuchungen zum zeitlichen Verlauf der Oberflächenfeuchte nach Betauung

Hydrophobe Probe
© Fraunhofer IBP
Hydrophobe Probe aus System C nach sechs Stunden Betauungdauer. Die hohe Oberflächenfeuchte ist erkennbar.
Auswahl der untersuchten Kombinationen von Putzen und Anstrichen
© Fraunhofer IBP
In der Tabelle ist eine Auswahl der untersuchten Kombinationen von Putzen und Anstrichen zusammengestellt.

Die umfangreichen Anstrengungen der vergangenen Jahrzehnte zur Verbesserung des Wärmeschutzes und zur Energieeinsparung haben zu einer Erhöhung der Wärmedämmung von Außenbauteilen geführt. Der Wärmeabfluss von innen durch die Bauteile wird dadurch verringert. Aus bauphysikalischer Sicht steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich auf der Außenoberfläche einer Fassade Tauwasser infolge nächtlicher langwelliger Abstrahlung bilden kann. Die wesentlichste Voraussetzung für mikrobielles Wachstum ist ausreichende Feuchtigkeit. Für die Mikroorganismen ist aber nicht der Wassergehalt im Außenputz entscheidend, da nach derzeitiger Kenntnis nur die auf der Oberfläche vorhandene Feuchte für einen Anfangsbewuchs verfügbar ist.

Bisherige Untersuchungen weisen darauf hin, dass Beschichtungssysteme, die über eine gewisse Wasseraufnahme verfügen, geringere Oberflächenfeuchten aufweisen können. Dabei muss jedoch darauf geachtet werden, dass die Systeme die aufgenommenen Feuchtemengen innerhalb kurzer Zeit wieder abgeben, um Auffeuchtungen zu vermeiden. Eine Möglichkeit, das Risiko eines mikrobiellen Bewuchses zu vermindern, besteht deshalb in der Optimierung der hygrischen Materialeigenschaften des Außenputzes bzw. der Außenbeschichtung.

Messapparatur

Für die Beurteilung des Verbleibs von Tauwasser auf der Oberfläche wurde eine Versuchseinrichtung entwickelt, mit deren Hilfe die nächtliche Betauung im Labor nachvollziehbar ist. Bei der Realisierung dieses Laborversuches wird erreicht, dass die Bedingungen im Labor jenen an der realen Fassade möglichst ähnlich sind. Die Taupunkttemperatur-Unterschreitungen liegen in der Größenordnung der Freilandversuche.

Da im Labor eine nächtliche Abstrahlung nur schwierig zu realisieren ist, wird die Betauung der Prüfkörperoberfläche durch Unterkühlung der Probe mittels einer rückseitig angebrachten Kühlplatte hervorgerufen. Die zu untersuchenden Proben, mit einer Oberfläche von 25 Quadratzentimetern, werden für optimalen Wärmetransportmit zur Probe mit Wärmeleitpaste auf einen wassergekühlten Kühlblock aus Kupfer aufgebracht. Für die Temperaturerfassung auf der Oberfläche wird ein sehr flacher Pt-100-Fühler mit Schmelzkleber aufgebracht.

Um dasVerhalten an der Fassade im Labor zu simulieren, werden die Temperaturen so gewählt, dass die Temperaturunterschreitung den natürlichen Taubedingungen entspricht. Auch die Betauungsdauer wird mit ein bis sechs Stunden so gewählt, wie an der Fassade zu erwarten. Sie wird durch den Vergleich der gemessenen Oberflächentemperatur mit der Taupunkttemperatur im Klimaraum ermittelt.

Durchführung der Messungen

Das für den Kühlkreislauf notwendige Kühlaggregat wird etwa eine Stunde vor Messbeginn eingeschaltet, eingestellt auf eine Kühltemperatur zwischen 6,5 °C und 12,5 °C. Die verwendete Kühltemperatur richten sich nach der Probendicke und der Wärmeleitfähigkeit. Damit wird das Erreichen der gleichen Oberflächentemperatur bei allen Proben erzielt. Zur Erfassung der Klimabedingungen im Versuchsraum sind ein Feuchtefühler und ein Pt-100-Temperaturfühler in der Nähe der Probe platziert. Das Raumklima wird während der Messungen konstant gehalten und auf eine Raumtemperatur von 23 °C und eine relative Raumluftfeuchte von 65 Prozent geregelt.

An jedem System-Aufbau werden fünf Messungen mit der Betauungsdauer ein, zwei, drei, vier und sechs Stunden und annähernd gleicher Taupunkttemperatur-Unterschreitung durchgeführt. Die Ermittlung der Oberflächenfeuchte erfolgt durch Abtupfen mit Zellstoffmatten und vergleichendem Wiegen, analog zur Bestimmung bei Freilanduntersuchungen. Für jede Messung wird der Versuch neu gestartet und die Probe gewechselt, um Auffeuchtungen zu verhindern. Die bereits verwendete Probe lagert dann mindestens eine Woche im Versuchsraum, um wieder den Ausgangszustand zu erreichen, während die Versuche mit anderen Proben fortgeführt werden.

Ergebnisse

Die Messungen zeigen, dass das System C mit der dabei eingesetzten sehr hydrophoben Siliconharzfarbe hohe Oberflächenfeuchten aufweist, wogegen die anderen drei deutlich hydrophileren Systeme nahe beieinander liegen, mit kaum abtupfbaren Feuchtemengen. Die Ergebnisse stimmen sehr gut mit den Freilanduntersuchungen der Abteilung Hygrothermik an den gleichen Systemen überein.

Das Putzsystem E ist ein bewittertes, marktübliches System mit Siliconharz-Deckputz und Siliconharz-Fassadenfarbe, vergleichbar mit System C, das zweimal mit einem Renovieranstrich beschichtet wurde. Dieses System zeigt bis zu einer Betauungszeit von vier Stunden nur eine äußerst niedrige Oberflächenfeuchte. Das bedeutet, dass selbst auf einem hydrophoben Untergrund mit einem geeigneten hydrophilen Anstrich die Oberflächenfeuchte durch nächtliche Betauung maßgeblich reduziert werden kann. Liegt jedoch eine noch längere Betauungszeit vor, kann der Farbanstrich die anfallenden Wassermengen nicht mehr aufnehmen, diese wird dann an der Oberfläche deutlich sichtbar.

Die neuartige »hydrophile« Siliconharzfassadenfarbe in System F kann zwar nicht die gleiche Reduktion der Oberflächenfeuchte erzielen, wie die mineralischen Varianten der Systeme A, B und D, führt aber immerhin zu einer Absenkung der Oberflächenfeuchte um etwa den Faktor vier. Dies zeigt, dass auch pastöse Systeme durch eine entsprechende Entwicklung in Richtung Hydrophilie hinsichtlich des Oberflächenfeuchte- Verhaltens verbessert werden können.

Der dargestellte Laborversuch hat sich am Fraunhofer IBP aufgrund der guten Übereinstimmung mit Freilanduntersuchungen als Möglichkeit etabliert, die eine schnelle und kostengünstige Bewertung des Oberflächenfeuchte-Verhaltens von Beschichtungen erlaubt. Das Verfahren eignet sich deshalb vor allem für die Weiterentwicklung von Beschichtungen und erlaubt eine gezielte Auswahl der Produkte für die zwar aufwändigeren, aber letztlich aussagekräftigeren und überzeugenderen Freilandversuche.