Büroneubau der Volkswagen Financial Services wird zentrales BIM-Referenzobjekt im Förderprojekt BIMiD

Presseinformation /

Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Forschungsprojekt »BIMiD – BIM-Referenzobjekt in Deutschland« präsentierte bei einer öffentlichen Informationsveranstaltung am 10.09.2014 in Berlin das Bauvorhaben, anhand dessen in den kommenden zwei Jahren idealtypische BIM-Prozesse modellhaft demonstriert und wissenschaftlich evaluiert werden. Die Entscheidung fiel nach einem mehrmonatigen Auswahlverfahren unter knapp einhundert Kandidaten für das Neubauvorhaben „Bürogebäude Haus H“ der Volkswagen Financial Services AG in Braunschweig. An der Veranstaltung im GSW-Hochhaus nahmen neben Vertretern des BIMiD-Konsortiums und des Projektträgers DLR auch Vertreter des Bauherrn, seine beauftragten Planer sowie zahlreiche BIM-Fachleute aus ganz Deutschland teil.

Überreichung der Ernennungsurkunde Zentrales BIM-Referenzobjekt.
© Gerhard Haug
Überreichung der Ernennungsurkunde Zentrales BIM-Referenzobjekt am 10.09.2014 in Berlin: (v.l.) Peter Noisten (Fraunhofer IBP), Rötger Schütze (Volkswagen Financial Services) und Prof. Hans-Georg Oltmanns (buildingSMART e.V.).

Was ausschlaggebend für die Wahl des fünfgeschossigen Verwaltungsgebäudes mit 400 hochmodernen, flexiblen Büroarbeitsplätzen und einem großen Schulungsbereich war, erläuterte Peter Noisten vom Konsortialführer Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP. Überzeugt hatte das BIMiD-Konsortium vor allem, dass die Initiative für die Bewerbung als Referenzobjekt vom Bauherrn selbst ausging und dieser überzeugend darlegen konnte, zukünftig beim Planen und Bauen konsequent auf die BIM-Methode setzen zu wollen. Hinzu kommt, dass die Volkswagen Financial Services AG (VWFS), anders als dies bei vielen anderen Bewerbern der Fall war, das fertige Gebäude in ihrem Bestand behalten und selbst betreiben und nutzen wird. Somit ist garantiert, dass das zukünftige Datenmodell während des gesamten Lebenszyklus des Gebäudes zur Anwendung kommt und beispielsweise bereits in einer frühen Planungsphase das Facility-Management von VWFS eingebunden werden kann.

Dieses starke Bekenntnis zu BIM unterstrich auch noch einmal Rötger Schütze, Leiter Immobilienmanagement bei VWFS, in seiner Dankesrede. Das Unternehmen ist mit seinen umfangreichen Finanz- und Mobilitätsdienstleistungen seiner Aussage nach der größte automobile Finanzdienstleister Europas und hat seit Jahren einen ständig steigenden Bedarf an neuen Büroflächen. Durch den Einsatz von BIM erwarte Schütze nicht nur das frühzeitige Erkennen möglicher Störpotenziale in der Planungsphase, sondern insgesamt ein effektiveres und effizienteres Bauen, wobei immer mehr der gesamte Lebenszyklus der Immobilie im Blick sei. Die Ernennung zum zentralen BIM-Referenzobjekt bei BIMiD mache ihn stolz, weil sein Unternehmen bei der Anwendung und Erprobung  einer Schlüsselinnovation ganz vorne mit dabei sei und von den Projektergebnissen unmittelbar profitieren werde.

Der Aspekt der Nachhaltigkeit von BIM spielte auch im Grußwort von Dr. Eckhart Hertzsch vom Konsortialführer Fraunhofer IBP und dort Leiter der Geschäftsstelle »Nationale Plattform Zukunftsstadt« eine zentrale Rolle. Er schlug einen großen Bogen von einer nachhaltigeren und energieeffizienteren Gesellschaft hin zu den technologischen Entwicklungspotentialen, die es auszuschöpfen gelte, um dieses Ziel zu erreichen. Insbesondere die BIM-Methode mit ihren Vorteilen und Synergien bezeichnete er als Schnittstellentechnologie für die zukünftig immer wichtiger werdende Lebenszyklus-Betrachtung beim Planen und Bauen von Gebäuden und Städten.

Siggi Wernik, der als Vorsitzender der Geschäftsführung von buildingSMART e.V. einer der maßgeblichen Initiatoren des Förderprojektes BIMiD war, erinnerte daran, wie es 2010 in Form einer ersten Projektskizze seinen Anfang nahm und bezeichnete die Auswahl des zentralen Referenzobjekts als einen ersten wichtigen Meilenstein. Dabei sei die Entscheidung für den Büroneubau von Volkswagen Financial Services in Braunschweig nur konsequent, weil damit ein Kooperationspartner gewonnen wurde, der zu dem Konzern gehört, der Mitinitiator von »Industrie 4.0« ist und zuvor schon bewiesen hat, welche enorme Produktivitätssteigerung durch Digitalisierung und Standardisierung von Geschäftsprozessen möglich ist. Der deutschen Baubranche mit ihrer rückläufigen Arbeitsproduktivität müsse die Automobilindustrie Vorbild und Anreiz sein.

Markus Ermert vom Projektträger DLR e.V. verwies in seinem Grußwort stellvertretend für das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie noch einmal auf das große öffentliche Interesse an dem Förderprojekt, das nicht zuletzt durch die große Anzahl an Vorschlägen für das BIM-Referenzobjekt zum Ausdruck kommt. Die Kandidatenliste beweise eindrucksvoll, dass die Zeit in Deutschland reif sei, um BIM in großem Maßstab zu fördern.

Bei der Vorstellung des Bauvorhabens durch Prof. Hans-Georg Oltmanns vom Projektpartner buildingSMART e.V. wurde deutlich, welche Herausforderungen zunächst auf das mit der Planung beauftragte Büro »Gaudlitz Architekten« aus Wolfsburg und die anderen Fachplaner zukommt. Vor allem wird Nutzungsflexibilität und Variabilität der Raum- und Grundrissaufteilung großgeschrieben. Auch die Haus- und IT-Technik soll jederzeit nachrüstbar sein. Außerdem sind neue Akustikkonzepte mit optimiertem Schallschutz sowie Raumklimakonzepte mit Langzeitkostenbetrachtung vorgesehen. Daneben wird eine weitgehende Vorfertigung von Bauteilen mit einem hohen Grad an Gleichheit angestrebt. Und zu guter Letzt ist es die Vorgabe des Bauherrn,  ein »As-Built«-Datenmodell zur weiteren Verwendung mit der eigenen Facility-Management-Software zu erhalten. Das umfangreiche Anforderungsprofil sei geradezu prädestiniert für den Einsatz von BIM, so Oltmanns.

Der Nachmittag in Berlin endete mit der Überreichung der Ernennungsurkunde »Zentrales BIM-Referenzobjekt« an den Bauherrn und mit dem gemeinsamen Anstoßen auf gute Zusammenarbeit und viele wichtige Erkenntnisse, die BIM in Deutschland weiterbringen. Gleich im Anschluss daran ging es für die neuen Projektpartner mit einer Arbeitsbesprechung weiter. Schließlich mussten die nächsten Schritte besprochen und das nächste öffentliche BIMiD-Symposium vorbereitet werden, das am 16. Oktober in Braunschweig stattfinden wird.

Hintergrund

Das Bauwesen in Deutschland ist durch die Zusammenarbeit vieler kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) geprägt. Durch den Unikatcharakter der Bauaufgaben entstehen immer wieder neue projektbezogene Konsortien, die ihre jeweiligen eigenen Geschäftsprozesse aufeinander abstimmen müssen. Dabei steht die Bauindustrie international vor der Herausforderung einer stetig zunehmenden Spezialisierung. Damit einhergehen eine fortschreitende Fragmentierung der Planung und eine daraus resultierende steigende Komplexität der Bauvorhaben mit vielen gegenseitigen Abhängigkeiten und Wechselbeziehungen. Das alles  bei anhaltend steigendem Termin- und Kostendruck.

Mit klassischen Planungsmethoden sind die wachsenden Anforderungen an Bauvorhaben immer weniger zu beherrschen. Aus diesem Grund werden seit mehreren Jahren intensiv neue  IT-gestützte Verfahren entwickelt und erprobt. Diese werden unter dem Begriff Gebäudedatenmodellierung (Building Information Modeling – kurz: BIM) zusammengefasst. Die BIM-Methode setzt bei der Planung, Bauausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden und sonstigen Bauwerken auf durchgehende, d. h. unternehmensübergreifende und medienbruchfreie Geschäftsprozesse unter Verwendung offener, herstellerneutraler E-Business-Standards. Ziel ist ein  dreidimensionale, objektorientierte, computerunterstützte Entwurfs- und Ausführungsplanung in hochgradig vernetzter, Unternehmen übergreifender Teamarbeit. Dadurch sind vor allem in den vielen kleinen und mittelständigen Unternehmen der deutschen Bau- und Immobilienwirtschaft erhebliche Effizienz- und Qualitätssteigerungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette möglich.

Das Modellprojekt BIMiD wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert  im Rahmen seines Förderschwerpunkts „Mittelstand-Digital“ gefördert. Daran sind insgesamt sechs Projektpartner mit jeweils spezifischen Aufgaben beteiligt. Im Zentrum des Verbundprojekts BIMiD steht ein konkretes Bauvorhaben, bei dessen Planung und Bauausführung von Beginn an diese Prozesse und Standards angewendet, weiterentwickelt und wissenschaftlich evaluiert werden. Dieses Referenzobjekt wird in den kommenden Wochen in einem Auswahlverfahren ermittelt. Am Ende des Projekts sollen die möglichen Effizienz- und Qualitätssteigerungen aus Sicht der verschiedenen Beteiligten dokumentiert sowie konkrete Handlungsempfehlungen für eine möglichst weite Verbreitung der BIM-Methode in der deutschen Bauwirtschaft abgeleitet werden.

Das Förderprojekt

Das Förderprojekt »BIMiD - BIM-Referenzobjekt in Deutschland« ist Teil der Förderinitiative »eStandards: Geschäftsprozesse standardisieren, Erfolg sichern«, die im Rahmen des Förderschwerpunkts »Mittelstand-Digital – IKT-Anwendungen in der Wirtschaft« vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wird. Der Förderschwerpunkt unterstützt gezielt kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie das Handwerk bei der Entwicklung und Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT).

»Mittelstand-Digital« setzt sich zusammen aus den Förderinitiativen »eKompetenz-Netzwerk für Unternehmen« mit 38 eBusiness-Lotsen, »eStandards: Geschäftsprozesse standardisieren, Erfolg sichern« mit derzeit 16 Förderprojekten und »Einfach intuitiv – Usability für den Mittelstand« mit zurzeit 13 Förderprojekten.

Weitere Informationen finden Sie unter www.mittelstand-digital.de sowie www.BIMiD.de.

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