Wetter für die Wissenschaft – Wettererhebungen am Fraunhofer IBP

Forschung im Fokus November 2012

Heiter bis wolkig oder doch langanhaltender Regen? Erwärmt sich unser Klima langfristig oder sind es doch nur Wetterphasen, die sich seit Jahrzehnten immer wiederholen? Kaum ein Thema beschäftigt uns in vielen Belangen so sehr wie das Wetter: ob als banales Gesprächsthema beim Smalltalk, bei der Planung von Outdoor-Aktivitäten oder als fundierte Diskussionsgrundlage für einen stattfindenden Klimawandel. Auch die Forscher am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP setzen sich bereits seit über 60 Jahren mit dem Wetter auseinander und dokumentieren dessen Verlauf. Waren es anfangs noch Messungen von Hand, die die Wetterdaten lieferten, sind es heute hochtechnische Messanlagen und computererfasste Daten, die zu detaillierten Wetteraufzeichnungen führen. Diese bilden die Grundlage für Wettervorhersagen, aber auch für viele Forschungsprojekte am Standort Holzkirchen des Fraunhofer IBP. Als man in den 50er Jahren auf der Suche nach einem Standort für Wettermessungen war, kam man nicht ohne Grund auf Holzkirchen in Oberbayern. Nahe der Alpen, im Süden von München liegt das Gelände 700 m über NN (Normalnull) in ländlicher Bebauung. »Die Kriterien für die Erfassung von Wetterdaten sind klar definiert. So dürfen sich beispielsweise keine hohen Gebäude rund um die Messstation befinden und der Messturm muss 10 Meter über Wiese stehen«, weiß Johann Gottschling, Techniker am Fraunhofer IBP und zuständig für die Wettererhebungen. Was zunächst als eine Interimslösung geplant war, wurde im Laufe der Jahre zur festen Einrichtung und beherbergt seit 1999 zudem eine eigene Messstation für den in der Schweiz ansässigen Wetterdienst Meteomedia. Zu Beginn der 70er Jahre bis 1984 begannen die Mitarbeiter des Fraunhofer IBP mit der analogen Aufschreibung am sogenannten Wetterturm, seit 1985 werden die Wetterdaten digital und mit verschiedenen Datenloggern erfasst. Ab dem 1. Januar 1987 sind die Aufzeichnungen in einer IMEDAS-Datenbank gespeichert und online einsehbar. Im Oktober 2010 entstand eine neue Wetterstation am Fraunhofer IBP, die im Februar 2011 in Betrieb genommen wurde.

Was wird wo und wie gemessen?
Das Wetter besteht nicht nur aus Temperatur und Niederschlag. In der Fraunhofer-Wetterstation finden umfangreiche und differenzierte Messungen statt. Die wichtigsten Daten beziehen sich auf Außenlufttemperatur und -feuchte, Global-, West- und Diffusstrahlung, Normal- und Schlagregen, Windgeschwindigkeit und -richtung, Luftdruck, Erdreichtemperatur in verschiedenen Tiefen sowie die Oberflächentemperatur auf schwarzen und weißen Flächen. Die erhobenen Daten werden via Kabel an einen Computer übertragen, in die IMEDAS-Datenbank eingespeist und sind für jeden Interessierten online und in Echtzeit im Internet abrufbar. Wurde früher alle 20 Sekunden eine Aktualisierung vorgenommen, finden nun, seit Inbetriebnahme der neuen Wetterstation, Messungen im Sekundentakt statt. »Gerade bei der Erfassung von Windgeschwindigkeiten ist die schnelle und präzise Registrierung sehr wichtig«, so Gottschling.
Warum wird gemessen?
Neben der Wetterstation verfügt das Fraunhofer IBP am Standort Holzkirchen auch über das weltweit größte Gelände zur Untersuchung von Baukonstruktionen, Bauteilen und Baustoffen sowie von Anlagenkomponenten für Heizung, Lüftung und Energiesysteme im 1:1-Maßstab unter realen Klima- und Nutzungsbedingungen. Bei angewandter Forschung über Bauteile und Baustoffe im Außenbereich spielen die Witterungsbedingungen eine tragende Rolle. Im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt finden sich hier in Holzkirchen ungewöhnlich extreme Wetterbedingungen – ein Vorteil für die Forschung. So können Wand- und Dachkonstruktionen oder Farbanstriche an Fassaden in engem Zusammenhang mit Wind-, Regen- und Strahlungsgegebenheiten sowie den Frost-Tau-Wechseln im Winter getestet und bewertet werden. Dafür ist jedoch eine genaue Wetteraufzeichnung unabdingbar. Darüber hinaus bilden die Holzkirchner Wettererhebungen die Datengrundlage für die am Fraunhofer IBP entwickelte und weltweit erfolgreiche WUFI-Software, einem PC-Programm zur Berechnung des gekoppelten Wärme- und Feuchtetransports in Bauteilen. Dabei stellt WUFI als Randbedingungen gemessene Außenklimawerte einschließlich Schlagregen und Sonneneinstrahlung zur Verfügung, wodurch sich das Verhalten eines Bauteils unter Einfluss der Bewitterung vorhersagen lässt.
(taf)

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