Nachhaltigkeit im D(R)etail – die Entwicklung eines umfassenden Nachhaltigkeitskonzeptes für die PUMA Retail AG

Forschung im Fokus April 2012

Das Prinzip der Nachhaltigkeit wird angesichts der globalen Herausforderungen wie schwindender Ressourcen und wachsender Weltbevölkerung zunehmend als unumgänglich angesehen. Dennoch bleiben konkrete Ziele sowie deren Maßnahmen in Politik und Wirtschaft in der Regel hinter wissenschaftlichen Empfehlungen zurück. In Zusammenarbeit mit den Nachhaltigkeitsexperten der Abteilung »Ganzheitliche Bilanzierung« des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP hat sich die PUMA Retail AG mit Sitz in Oensingen/ Schweiz, einer Tochtergesellschaft des internationalen Sportartikelanbieters PUMA aus dem fränkischen Herzogenaurach, der Herausforderung gestellt und entwickelt für ihre weltweiten Stores ein umfassendes Nachhaltigkeitskonzept.

Dass Wissenschaft und Marketing des Öfteren konträr zueinander stehende Begriffe sind, wird vielerorts auf große Zustimmung stoßen. Dennoch kann aus scheinbarer Diskrepanz auch zielführende Dynamik werden. In diesem Sinne ist auch die Aussage von Dipl. oec. Michael Jäger, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Ganzheitliche Bilanzierung (GaBi) des Stuttgarter Fraunhofer IBP zu werten: »Wenn Forscher und Marketingleute zusammentreffen und kreativ sind, darf man gespannt sein, was dabei herauskommt.«Zumindest hat er diese Erfahrung beim Zusammentreffen von Managern der PUMA Retail AG und Mitarbeitern der Gruppe Nachhaltiges Bauen gemacht, als es darum ging, den Auftrag in Angriff zu nehmen, die PUMA Stores nachhaltiger zu gestalten. Gemeinsam mit den Managern des Sportartikelanbieters arbeiten die IBP-Nachhaltigkeitsexperten an ausgefeilten Strategien zur nachhaltigen Optimierung der Stores. Hierbei kommen die Methoden der ganzheitlichen Bilanzierung zum Einsatz, die – unter Berücksichtigung von ökologischen, ökonomischen, sozialen und technischen Gesichtspunkten – Produkte, Prozesse und Dienstleistungen analysieren.
Dabei ist es gar nicht so einfach, die Vorstellungen von Industrie und Forschern auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Erster Knackpunkt waren die Fragen »Was bedeutet Nachhaltigkeit für das Unternehmen PUMA« und »Anhand welcher Nachhaltigkeitskriterien sollen sich PUMA Stores bewerten lassen?«. Damit möglichst viele Entscheidungsträger an dieser Diskussion teilnehmen konnten, hat PUMA Regionalmanager, Store-Planer und Marketingexperten aus den fünf Weltregionen zusammengetrommelt. Bei dem Workshop galt es, Nägel mit Köpfen zu machen. Grundlage war das »3-Säulen-Modell« mit den Bereichen Ökonomie, Ökologie und soziale Aspekte, mit dessen Leitlinien die Wissenschaftler Nachhaltigkeit bewerten. So entstand ein Set von mehr als 20 Bewertungskriterien, anhand derer sich die Stores künftig in puncto Nachhaltigkeit messen lassen müssen. Dabei wurde darauf geachtet, dass auch soziale Kriterien wie Barrierefreiheit und Arbeitsbedingungen nicht zu kurz kommen. »Die Wahrnehmung von Nachhaltigkeit verschiebt sich mehr und mehr von der ökologischen Sichtweise hin zu einer ganzheitlichen Betrachtung aller Säulen«, ist Dipl.-Geoökol. Tabea Beck als Projektbeteiligte überzeugt. Zudem sind Michael Jäger und sein Projektteam gerade dabei, ein Software-basiertes Toolkit zu entwickeln, das Store-Planer und Architekten künftig bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsvorgaben unterstützen wird.
Die PUMA Retail AG zeichnet verantwortlich für Planung, Umsetzung und Management von Stores, die Sportartikel im Direktvertrieb verkaufen. Unter dem Begriff „PUMAVision“ setzt sich der weltbekannte Markenhersteller schon seit 1993 dafür ein, »Kreativität zu fördern, umwelt- und sozialverträglich zu handeln und zum Frieden beizutragen«: Maxime für das Handeln bilden die Unternehmenswerte »FAIR, HONEST, POSITIVE, CREATIVE «. Bestehende Initiativen für Umweltschutz und bessere Arbeitsbedingungen werden durch neue Programme für sauberere, sicherere und nachhaltigere Systeme und Abläufe ergänzt. Bis 2015 hat sich PUMA zum Ziel gesetzt, den Ausstoß von Emissionen um 25 Prozent zu reduzieren und 25 Prozent weniger Energie und Wasser zu verbrauchen.
Der Sportartikelhersteller stellt sich der Herausforderung, strenge Nachhaltigkeitskriterien für seine Stores nicht nur in Europa festzulegen und umzusetzen, sondern die ganzheitlichen Aspekte weltweit durchzusetzen. Die bewährten Marketingstrategien von Architekten und Store-Planern dürfen dabei nicht außen vor bleiben, denn nach wie vor hat der Wohlfühlaspekt des Kunden unter der Prämisse guter Verkaufszahlen hohe Priorität. Dennoch soll mehr als nur eine stylische Einkaufswelt entstehen, denn Nachhaltigkeitskriterien sind in gleicher Weise zu erfüllen.
Das Thema Nachhaltigkeit ist in der Sportartikelbranche von zunehmender Bedeutung. Wenn es um die Umweltverträglichkeit der Produkte geht, sind Konsumenten kritischer geworden, so die Erfahrung von PUMA. Der Verbraucher erwartet nicht nur, dass die verwendeten Materialien gesundheitsverträglich sind, sondern zunehmend auch, dass nachhaltig und sozialverträglich produziert wird.
»Lohas« (Lifestyles of Health and Sustainability) – also die kritischen Verbraucher, die beim Konsumverhalten Wert auf ökologische und soziale Aspekte legen – lehnen »Greenwashing« ab. Als Greenwashing oder Greenwash werden Kampagnen und PR-Aktionen bezeichnet, die einzelne Produkte, ganze Unternehmen oder politische Strategien in ein »grünes Licht« tauchen, so dass der Eindruck entsteht, die Akteure handelten entweder ausgeprägt umweltfreundlich oder besonders ethisch korrekt und fair. Kommen Kunden solchen Aktionen auf die Schliche, büßen Unternehmen dann auch bei ihren konventionellen Produkten Umsatz ein.
Die Zusammenarbeit mit GaBi soll PUMA davor bewahren, in die »Greenwashing-Falle« zu geraten, indem Kriterien auf Basis fundierter wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt werden. In den folgenden Monaten werden die bisher theoretisch erarbeiteten Anforderungen anhand konkreter Pilot-Stores geprüft und angepasst. Ein erster untersuchter Store befindet sich quasi vor der Haustüre in der Münchener Innenstadt. Neben weiteren europäischen Stores wie z.B. in Amsterdam werden im Folgenden auch Stores in den USA, Südamerika, China und Russland Teil der Pilotphase sein. Außerdem werden für ausgewählte Stores Ökobilanzen berechnet. Darauf aufbauend sollen Optimierungspotenziale aufgedeckt und Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt werden. Damit leistet die PUMA Retail AG ihren Beitrag im Kontext der übergreifenden Nachhaltigkeitsstrategie der PUMA AG. »Gemeinsam mit PUMA begehen wir Neuland und sehen darin das Potenzial, das Thema Nachhaltigkeit im Retail-Bereich noch stärker zu verankern«, so die Einschätzung des IBP-Wissenschaftlers Michael Jäger.
(schw)

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