DataFEE – Energieeffizienz durch nutzungszentrierte Gebäudesysteme

Digitaler Zwilling als interaktive Schnittstelle
© Fraunhofer IBP
Der Digitale Zwilling als interaktive Schnittstelle.
Darstellung des Datenflusses im DataFEE Projekt
© DataFEE Konsortium 2019
Schematische Darstellung des Datenflusses im DataFEE Projekt.

Zahlreiche Untersuchungen zur energetischen Performance von Gebäuden belegen, dass die Nutzer*innen den Energieverbrauch entscheidend beeinflussen: Neben dem von der Art der Nutzung und den damit verbundenen Geräten (z.B. Haushaltsgeräte) und technischen Anlagen (z.B. Aufzüge) abhängigen Verbrauchsanteil, spielen komfortbedingte Handlungen der Nutzenden sowohl im Wohnungs- als auch im Zweckbau eine bedeutende Rolle. Bezogen auf den gesamten Gebäudesektor wird deutlich mehr als die Hälfte der Energie für die Raumkonditionierung, d.h. in Heizen, Lüften, Kühlen/Klimatisieren und Beleuchten, verbraucht. Der Energieaufwand zur Raumkonditionierung ist einerseits vom Gebäudetyp, Raumklimakonzept, eingesetzter Gebäudetechnik sowie klimatischen und weiteren Randbedingungen abhängig. Andererseits wird er aber auch zu einem großen Anteil durch die Bedürfnisse und Erwartungen der Nutzer*innen von Gebäuden und das daraus resultierende Verhalten beeinflusst und kann zu Unterschieden von 200% oder mehr führen. Dabei nimmt der relative Einfluss von Nutzer*innen mit abnehmendem Energieverbrauch eines Gebäudes zu.

Unzureichende Kenntnisse über die Bedürfnisse und das Verhalten der nutzenden Personen führen in der Praxis häufig dazu, dass eine große Differenz zwischen in der Entwurfsphase prognostizierten und im Betrieb tatsächlich gemessenen Energiekennzahlen auftritt. Das in Planung und Gebäudebetrieb nur unzureichend abgebildete bzw. erfasste Nutzerverhalten kann den Energieverbrauch eines Gebäudes um ein Vielfaches nach oben oder unten verändern. Für Gebäude mit geringem Energieverbrauch reicht die Vorhersageschärfe der vorhandenen Werkzeuge also offensichtlich nicht mehr aus. Diesem Problem widmet sich das Projekt »DataFEE«.

Projektziele

Grundsätzliches Ziel dieses Vorhabens ist es, durch das systematische Erschließen und die Optimierung der Datennutzungsprozesskette die oben beschriebene sogenannte »Performance Gap« zu verringern, um damit verlässlichere Prognosen für den Gebäudebetrieb zu ermöglichen und eine hohe Energieeffizienz sicherzustellen. Hierfür werden die Nutzung von Geräten und technischen Anlagen sowie komfortbedingte Interaktionen der Nutzer*innen genauer erfasst, aufbereitet und in Form von Modellen für Planungswerkzeuge und Systeme zur Betriebsführung zur Verfügung gestellt. Mit intelligenter Sensorik, Data Mining, Machine Learning oder Predictive Analytics werden effizientere Analyse- und Modellierungsmethoden erschlossen, um die Gebäudeperformance zu verbessern und verlässlichere Einschätzungen des Nutzerverhaltens zu erlangen. Der »Digitale Zwilling« soll als cyber-physisches Abbild der realen Geräte und Gebäude eine zentrale Rolle spielen.

Aufbauend auf den Ergebnissen des Projekts sollen Dienstleistungen für Gebäudenutzende und -betreibende entwickelt werden. Auf Nutzerebene steht dabei die Darstellung wesentlicher Raumklima- und anderer Umgebungsparameter zusammen mit Entscheidungshilfen zur Optimierung des nutzergruppenspezifischen oder individuellen Komforts im Vordergrund. Auf Betreiberebene wird die Darstellungen zur Entwicklung des Energiebedarfs in den verschiedenen Sektoren sowie daraus abgeleitete Handlungsempfehlungen fokussiert. Hinsichtlich eines umfassenderen Verständnisses des Nutzerverhaltens und seiner Interaktion mit der Gebäudeausstattung soll darüber hinaus die Wahrnehmung von und die Reaktion auf multiple und zum Teil wechselwirkende Umwelteinflüsse experimentell untersucht werden. 
An Demonstrationsprojekten werden die erarbeiteten Lösungen getestet und evaluiert. Außerdem soll ein wesentlicher Beitrag zu dem im Herbst 2018 angelaufenen IEA EBC Annex 79 »Occupant behaviour-centric building design and operation« geleistet werden.

Stand des Projektes

Zu Beginn des Projektes wurden standardisierte Erhebungsmethoden zur systematischen Erschließung nutzerspezifischer Datensätze entwickelt. Berücksichtigt wurden dabei Anforderungen hinsichtlich der Informationssicherheit und des Schutzes der nutzerbezogenen Daten sowie die Bereitschaft von Nutzer*innen eigene Daten für eine verbesserte Komfortregelung/höhere Energieeffizienz im Bürokontext bereitzustellen. Daraus wurde eine Strategie entwickelt, um Nutzende zum Feedback zu Komfort und energierelevanten Parametern zu motivieren. Durch die Verwendung von Technologien des Semantic Web (SWT) wird projektbegleitend eine maschineninterpretierbare, formale und explizite Beschreibung der gewonnenen Daten entwickelt.

Nach Abschluss der vorbereitenden Maßnahmen, wird an der Entwicklung innovativer Anwendungen von Machine Learning (ML) und Data Mining zur Verarbeitung der gewonnenen Daten gearbeitet. Hierbei liegt der Fokus auf praxisnahen Strategien, weshalb eine ausgiebige Evaluierung der Algorithmen im realen Gebäudekontext deren Praxistauglichkeit bewerten soll. Zudem sollen daraus Handlungsempfehlungen für eine optimierte Gebäudeausstattung hervorgehen.

Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP ist innerhalb dieses Projektes an der Entwicklung und Demonstration des Digitalen Zwillings im Gebäudebetrieb beteiligt. Hierzu gehört die Entwicklung und Implementierung eines digitalen Abbilds realer Geräte, Gebäude und Nutzer*innen, sowie die Validierung der realen Nutzbarkeit des Digitalen Zwillings anhand verschiedener, im Projekt entwickelter neuer Regelungsalgorithmen und deren Bewertung bezüglich Energieeffizienz sowie Nutzerzufriedenheit. Zu diesem Zweck wurde am Fraunhofer IBP in Holzkirchen ein Bürogebäude mit zusätzlicher Gebäudetechnik ausgestattet, sowie ein 3D-Scan des Gebäudes durchgeführt. Diese Maßnahmen dienen als Grundlage zur Entwicklung bedeutender Bestandteile des Digitalen Zwillings. Zudem wird momentan an verschiedenen Ansätzen zur Integration von graphischen Nutzeroberflächen und der modularen Einbindung KI-gestützter Regelalgorithmen gearbeitet.

Projektpartner

  • Karlsruher Institut für Technologie (KIT) – Institut für Entwerfen und Bautechnik
  • RWTH Aachen University – Lehrstuhl für Energieeffizientes Bauen E3D
  • RWTH Aachen University – Lehrstuhl für Gebäude- und Raumklimatechnik – EBC
  • ABB AG – Corporate Research Center Germany
  • Bayern Facility Management GmbH