Porenbeton mit ungewöhnlichen Eigenschaften: Amorphe Kieselsäure statt Sand

REM-Aufnahmen von amorpher Kieselsäure und Diatomeenerde
© Fraunhofer IBP
REM-Aufnahmen von amorpher Kieselsäure und Diatomeenerde. Als Diatomeenerde bezeichnet man die Sedimente (Ablagerungen) von Kieselalgen. Deren kugelförmigen Skelette bestehen aus Silikaten und sind im Baubereich einsetzbar.

Porenbeton ist vergleichsweise leicht, da er hochporös ist, und wartet dennoch mit einer sehr guten Wärmedämmwirkung auf. Doch: Für seine Herstellung ist viel Energie nötig – schließlich werden hohe Temperaturen von 180 bis 200 Grad Celsius und Drücke zwischen 12 und 13 bar benötigt. Mit dem hohen Energieverbrauch sind hohe CO2-Emissionen verbunden.

Projektziele

Komplexe Mineralumwandlungen im Autoklavierprozess

Während der Herstellung – ein Autoklavierprozess – finden komplexe Mineralumwandlungen statt. Diese führen dazu, dass Tobermorit und andere Calcium-Silikat-Hydrat-Phasen gebildet werden. Tobermorit ist dabei die wichtigste dieser Phasen im Porenbeton: Denn sie verbessert die Druckfestigkeit und reduziert die Schrumpfung. Wie schnell sich Tobermorit bildet, hängt vom Prozess des Auflösens von Kieselsäure (SiO2 • n H2O) ab. Derzeit ist es üblich, für die Herstellung von Porenbeton Sand als SiO2-Quelle zu verwenden, aber Sand besitzt eine relativ geringe Löslichkeit in Wasser. Amorphe Kieselsäure dagegen löst sich deutlich besser - das ist bekannt.

Kieselsäure statt Sand

Wie lässt sich die Autoklavierungstemperatur optimieren, wenn man Sand durch Kieselsäure ersetzt? Die Idee: Auf diese Weise könnte man die Tobermorit-Synthese beschleunigen und somit die Autoklavierdauer verkürzen. Zudem wurde untersucht, wie sich das Ersetzen von Sand durch amorphe Kieselsäure auf die mechanischen und mikrostrukturellen Eigenschaften von Porenbeton auswirkt – abhängig von Temperatur und Herstellungsdauer.

 

Stand des Projektes

Überraschende Ergebnisse

Die entstandenen mineralogischen Phasen wurden mittels quantitativer und qualitativer Röntgenbeugung (XRD) charakterisiert und die mechanischen Eigenschaften der Porenbetone bestimmt. Die Studie führte – abhängig von Temperatur und Formulierung – zu einer ganzen Reihe von überraschenden Ergebnissen:

  • Porenbetone mit einer geringeren Dichte und damit verbunden auch verbesserten Wärmedämmeigenschaften
  • Porenbetone mit höherer Druckfestigkeit – für Mauerwerk und Platten
  • Porenbetone mit weniger Bindemittel (Zement und Kalk) in den Rezepturen
  • Weniger Energieverbrauch während des Autoklavierprozesses
  • Schonung der Ressource »Sand«
  • Reduzierung von CO2-Emissionen
  • SiO2-haltige Industrieabfälle können als sekundärer Rohstoff für die Porenbetonproduktion eingesetzt werden

Die Ergebnisse der Studie führten zu einer europäischen Patentanmeldung: EP 20 171 792.3, »Process for producing autoclaved aerated concrete using silica raw materials having higher solubility than quartz«.

Temperaturabhängige Druckfestigkeit in Porenbeton
© Fraunhofer IBP
Temperaturabhängige Druckfestigkeit in Porenbeton, hergestellt aus Sand (dunkelblauer Balken) und aus amorpher Kieselsäure (hellblauer Balken).