Psychoakustische Kartierung als Werkzeug für eine wahrnehmungsbezogene Schallimmissionsprognose

Grafik zur Entfernung zu einer Punktschallquelle
© Fraunhofer IBP
Relative Änderung in Prozent von (psycho-)akustischen Parametern aufgetragen über die Entfernung zu einer Punktschallquelle (Breitbandrauschen) im Vergleich mit Berechnungsergebnissen der Software SoundPLANnoise® (Zusatz »SP«, gestrichelte Kurven) [1] vgl. [2].

Lärmkarten bilden den Umgebungslärm auf Katasterkarten ab. Sie sind ein Werkzeug des gebietsbezogenen Schallimmissionsschutzes und dienen der Visualisierung der Schallimmission in lärmbelasteten Gebieten. Die dabei maßgebende Bewertungsgröße, der Schalldruckpegel, ist nachweislich nur begrenzt für die Beurteilung einer tatsächlichen Lärmbelastung geeignet. Psychoakustische Größen, wie Lautheit, Schärfe und Tonhaltigkeit, bieten grundsätzlich das Potenzial die tatsächlich wahrgenommene Lärmbelastung treffender und mit Zahlenwerten objektiviert zu beschreiben. Zur wahrnehmungsbezogenen Bewertung und Entwicklung der Schallimmission bestehender sowie zukünftiger Klanglandschaften empfiehlt (u. a.) die DIN ISO 12913 eine zusätzliche psychoakustische Kartierung.

Projektziele

Die softwareseitige Umsetzung psychoakustischer Kartierung zusammen mit der SoundPLAN GmbH ist zunächst das Ziel des Projektes. Darauf aufbauend stehen weitere Forschungs- und Entwicklungsumfänge sowie die praktische Anwendung im Vordergrund.

Mögliches Anwendungspotenzial bieten dabei (städtische) Innenhöfe mit einer Klanglandschaft aus Geräuschen von Fahrzeugen, Ventilatoren, Freizeitgestaltung, Abfallentsorgung und Baustellen.

Weitere Anwendungsfälle betreffen den Bereich der Elektromobilität. Dabei ist das neue Motorgeräusch auf Grund des geänderten Antriebs sowie das zusätzliche akustische Fahrzeugwarnsystem AVAS (engl.: Acoustic Vehicle Alert System) zu nennen. Zudem kommen während des Ladevorgangs neue Geräuschquellen hinzu, hervorgerufen durch im Fahrzeug verbaute Lüfter und Kompressoren, insbesondere wenn eine hohe Umgebungs- sowie Bauteiltemperatur das Kühlen des Akkus erfordert.

Außerdem stößt der Einsatz nachhaltiger Technologien im Rahmen des Klimawandels nicht selten auf Widerstand in der Bevölkerung. Ein Aspekt dabei ist die Schallemission, die von modernen Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie, wie Wärmepumpen und Windkraftanlagen, ausgeht. Sie wirken sich häufig störend auf den Menschen sowie die Natur aus. Die psychoakustische Kartierung ermöglicht es, die Prognose der Lärmbelastung solcher Anlagen wahrnehmungsbezogener als bisher und zu Gunsten von gezielt optimierten Aufstellungsorten sowie Schallschutzmaßnahmen zu ermitteln.

Stand des Projektes

Der gewählte Ansatz zur psychoakustischen Kartierung nutzt in einer ersten Entwicklungsstufe den Zusammenhang psychoakustischer Größen vom Schalldruckpegel aus. Die Berechnung der Schallausbreitung in terzfrequenzabhängigen Schalldruckpegeln steht in den etablierten Softwarelösungen, wie SoundPLANnoise®, standardmäßig zur Verfügung. Daraus werden die psychoakustischen Größen Lautheit nach DIN ISO 532-1 und Schärfe nach DIN EN ISO 45692 (Aures) berechnet. Erste Anhaltspunkte für tonale Geräuschanteile werden nach ISO 1996-2 (Annex K) ebenfalls aus diesen Terzfrequenz-Spektren abgeleitet.

Für jede psychoakustische Bewertungsgröße muss außerdem die Abhängigkeit zur Entfernung der Schallquelle differenziert betrachtet werden. In Bild 1 wird deutlich, dass sich die wahrgenommene Schärfe (Hellgrün) eines Geräusches mit der Entfernung zur Schallquelle kaum ändert. Eine Schallquelle wird also auch in größerer Entfernung als scharf wahrgenommen, selbst wenn der A-bewertete Schalldruckpegel im Vergleich (Schwarz) deutlicher abfällt. Diese Abhängigkeit kann mit den Berechnungsergebnissen mit SoundPLANnoise® bestätigt werden. Darauf aufbauend zeigen die psychoakustischen Karten in Bild 2 anschaulich die Schallausbreitung ausgehend von einer Schallquelle in den Größen Schalldruckpegel (SPL), Lautheit und Schärfe.

Projektpartner

SoundPLAN GmbH

 

[1] H. Fastl und E. Zwicker, »Psychoacoustics: Facts and models, 3. Aufl.«, Springer, Berlin, New York, 2007.
[2] K. Genuit und A. Fiebig, »Psychoacoustics and its Benefit for the Soundscape Approach«, Acta Acustica united with Acustica, Nr. 1, S. 952–958, 2006.

Ergebnisse der Schallimmissionsprognose
© SoundPLAN GmbH und Fraunhofer IBP
Berechnungsergebnisse der Schallimmissionsprognose für Schalldruckpegel (links), Lautheit (mittig) und Schärfe (rechts) am Beispiel einer Punktschallquelle im Halbfreifeld.