Fraunhofer-Allianz Bau präsentiert sich auf der BAU 2015

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Demografischer Wandel, Ressourcenverknappung, Energiewende und Globalisierung stellen Gesellschaft und Wirtschaft in den kommenden Jahren vor große Herausforderungen. Innovative Lösungen im Umgang mit Ressourcen und Energie sind sowohl für private Haushalte als auch für Unternehmen gefragt. Angesichts steigender Rohstoffpreise und Energiekosten, aber auch des zunehmenden internationalen Wettbewerbs und geringem Wachstumspotenzial steht die deutsche Baubranche unter enormen Druck. Zwar ist die deutsche Bauindustrie, laut einer aktuellen Roland-Berger-Studie, mit einem Marktvolumen von rund 260 Milliarden Euro im Jahr 2010 die größte in Europa und zählt mit mehr als 700.000 Beschäftigten zu den tragenden Säulen der deutschen Volkswirtschaft, doch letztlich wird ihre Innovationsfähigkeit entscheiden, ob die Klimaziele der Bundesregierung bezüglich CO2-Reduktion und Energieeinsparung durch weitere Verbesserungen in den Bereichen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit erreicht werden können. Die Fraunhofer-Allianz Bau präsentiert auf der Messe BAU 2015 vom 19. bis zum 24. Januar in einer Sonderschau mit dem Titel »ForschungsWerkStadt« in Halle C2, Stand 118/119 marktreife Entwicklungen sowie nachhaltige Innovationen rund um das Thema Bauen.

Das Modell zeigt multifunktionale Fassadenelemente.
© Fraunhofer ISE
Bausysteme: Lüftungs-Kanalführung in der Fassade eines Mehrfamilienhauses, vorgefertigte Fenster und Dämmelemente im Wärmedämmverbund-System.
Verbundsystem mit wärmedämmenden und lastentragenden Eigenschaften.
© Fraunhofer IWM
Baustoff: Die selbsttragende Sandwichstruktur ist ein Verbundsystem, das hervorragende Wärmedämmeigenschaften aufweist und große mechanische Lasten aufnehmen kann.
Abbildung des Systems DEUS 21.
© Fraunhofer IGB
So dynamisch sich viele Städte heute über der Erde verändern, so starr sind sie oft im Untergrund. Traditionelle Leitungsnetze der Zu- und Abfuhr von Wasser verschlingen hohe Kosten. Abhilfe schafft hier das System »DEUS 21«. Dieses »Dezentrale Urbane Infrastruktur-System« ist eine im Bundesgebiet bisher einzigartige Form der kommunalen Wasserwirtschaft.

Das Wachstum und der Wandel der Städte werden die Entwicklung im 21. Jahrhundert entscheidend beeinflussen, denn der Wettlauf um eine ökologisch nachhaltige Zukunft findet vor allem in den urbanen Zentren statt. »Eine stetig wachsende Bevölkerung in einer zunehmend alternden Gesellschaft, die in immer größeren Städten lebt bei zugleich schwindenden Ressourcen, hat steigende Anforderungen an Komfort, Versorgung und Sicherheit von Gebäuden und Siedlungsstrukturen. Darauf müssen wir vorbereitet sein«, erklärt Prof. Klaus Sedlbauer, Vorsitzender der Fraunhofer-Allianz Bau. Doch was genau bedeutet das für die Städte in Zukunft? Antworten liefert die Fraunhofer-Allianz Bau mit ihren 17 Mitgliedsinstituten auf der BAU-Messe. Vier große Themeninseln sowie ein umfangreiches Angebot daran angegliederter Software-Lösungen werden mit den Bereichen »Baustoffe«, »Bausysteme«, »Sicherheit« und der Systemforschung »Morgenstadt« die ausgestellten Technologien der Messe-Sonderschau »ForschungsWerkStadt« der Fraunhofer-Gesellschaft auf der BAU 2015 gliedern.

Baustoffe

Die Qualität eines Gebäudes hängt unmittelbar von den Eigenschaften der verwendeten Baumaterialien ab. Der ressourceneffiziente Einsatz von Material und Energie sowie Fragen der Umweltfreundlichkeit und Gesundheitsverträglichkeit von Baustoffen sind zentrale Aspekte der Fraunhofer-Bauforschung. Ganzheitliches Bauen erfordert u.a. nachhaltige und im besten Fall Baustoffe aus nachwachsenden Ressourcen. Die Fraunhofer-Bauforschung kombiniert daher die bewährten Eigenschaften klassischer Baustoffe durch gezielte Weiterentwicklung mit zusätzlichen Merkmalen. Neben der Verbesserung von Materialeigenschaften stehen hier die Funktionalisierung von Bauteilen und die Recyclingfähigkeit sowie ihre Verwertung im Fokus.

In einem gemeinsamen Forschungsvorhaben mit der Industrie entwickelt das Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM ein Verbundsystem, das hervorragende Wärmedämmeigenschaften aufweist und mechanische Lasten aufnehmen kann. Es besteht darüber hinaus zu einem hohen Anteil aus nachwachsenden Rohstoffen. Mit einem Kern aus „brandfesten“ petrolchemischen Phenolschaum und stabilisierenden Decklagen-Vliesen aus Flachs und Hanf wird ein leichtes, stabiles Dämmsystem entwickelt. Durch die eingesetzten Materialien kann schon mit einer Verbunddicke von 20 mm eine ausreichende Isolationswirkung erreicht werden, die der Wirkung von etwa 360 mm Hochlochziegelwand entspricht oder jeweils 25 mm extrudiertem Polystyrol, Mineralwolle oder Polyurethan-Hartschaum. Aufgrund der stabilisierenden Wirkung der Decklagen kann das Sandwich über die Wärmedämmung hinaus noch eine lasttragende Funktion übernehmen. So kann perspektivisch bei entsprechender Dimensionierung die klassische Mauerwand durch ein bifunktionales Verbundelement ersetzt werden.

Bausysteme

Vorgefertigte Bauteile spielen in der Baubranche inzwischen eine wichtige Rolle. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: niedrige Entwicklungs- und Herstellungskosten, einfache Reparatur- und Montageprozesse sowie eine erhöhte Flexibilität indem das Gebäude durch eine andere Zusammenstellung der Bauteile an neue Anforderungen angepasst werden kann. Multifunktionale Bauteile sind demnach auf dem Vormarsch: Die Fassaden der Zukunft dienen nicht mehr nur dem Schutz vor Witterung sondern enthalten auch Verschattungs- und Belüftungselemente oder tragen mit Photovoltaik-Modulen zur Energieerzeugung bei. Im Leitmarkt Energieeffizienz verspricht eine aktuelle Studie ein großes Wachstumspotenzial, denn flexible wie vielseitige Lösungen im Bereich der Wärmedämmung werden sowohl im Neubau wie auch bei der Sanierung eine weiterhin dominante Rolle spielen.

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE greift diesen Aspekt auf. Seine Wissenschaftler entwickelten spezielle Fassadenelemente, die eine flexible Verlegung von Dämmung, Heizung, Lüftung, Strom- und Kommunikationskabeln ermöglichen. Auch an eine spätere Nachrüstung der Elemente haben die Forscher gedacht. Die bestehende Haustechnik kann so, ohne größere Eingriffe in die Gebäudesubstanz oder die Wohnqualität der Nutzer, sukzessive durch neue Komponenten ersetzt werden. Somit steht auch bei Bestandsgebäuden einem schrittweisen Übergang zu LowEx-Systemen nichts im Weg. Derzeit arbeiten die Fraunhofer-Experten an der Entwicklung verschiedener Upgrade- und Individualisierungsmöglichkeiten für die Fassadensysteme. Fenster-, Fassaden-, Klimatechnik und Solaranlagen können dann unabhängig voneinander und in Kombination mit traditionellen Systemen montiert werden.

Sicherheit

Damit Gebäude zuverlässiger vor Beschädigungen durch kurzzeitdynamische Ereignisse wie Naturkatastrophen oder Terrorakten geschützt werden, entwickeln verschiedene Fraunhofer-Institute unter anderem innovative Baustoffe, Sensoren und Simulationstools für diverse Bauwerkstypen. Das Ziel ist, Sicherheitsaspekte mit Aufgabenstellungen der Qualitätssicherung, der architektonischen Gestaltung sowie der Funktionalität von Bauwerken zu kombinieren. Von besonderem Interesse sind Baustoffe, die durch ihr hohes Energieabsorptionsvermögen kurzzeitige Belastungen dämpfen können, Systemlösungen, die sich durch ihre modulare Konzeption flexibel an Anwendungsbereiche anpassen lassen oder integrierte Bauwerksysteme, die ein durchgehendes Monitoring in Echtzeit ermöglichen.

Das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut EMI arbeitet beispielsweise an der Entwicklung von Ultrahochleistungsbaustoffen. Der naturfaserverstärkte Polymerbeton, ein energieabsorbierender Werkstoff gegen Blast-Belastungen, ist eine der Möglichkeiten: Er dient als Schutz der Außenwand bei nahen Detonationen und gewährleistet einen Erhalt der Resttragfähigkeit von Bauteilen. Zudem steht er für eine ressourcenschonende Herstellung durch die Verwendung nachwachsender Rohstoffe. Ein großer Vorteil dabei: ein einfaches Nachrüsten bei bereits bestehenden Gebäuden ist problemlos möglich, und das zu einem kostengünstigen Materialpreis. In zunehmendem Maße werden kurzzeitdynamische Effekte bereits bei der Planung, insbesondere bei Hochhäusern, berücksichtigt. In der DIN 1055 Teil 9 sind außergewöhnliche Einwirkungen nur informativ geregelt. Bemessungsvorschläge sind nicht eingearbeitet. Das Fraunhofer EMI präsentiert daher neben entsprechend ausgelegten Baustoffen auf der Sonderschau zugleich Simulationswerkzeuge mit dem Blast-Simulator APPOLLO.

Smart Cities

Städte sind der Schlüssel zu einer nachhaltigen Zukunft für Industriegesellschaften. Die politischen und ökonomischen Grundlagen, die wir heute schaffen, entscheiden morgen über die Qualität unserer Ökosysteme und darüber, ob wir unsere Ressourcen sichern und erhalten können – und zwar weltweit. Um Städte nachhaltig zu gestalten, sind technische, organisatorische und finanzielle Innovationen notwendig. Diese entstehen dort, wo neue Technologien auf kreative Ansätze treffen und wo die relevanten Akteure interdisziplinär zusammenarbeiten.

Das Innovationsnetzwerk »Morgenstadt – City Insights« ist ein Teilprojekt der Fraunhofer-Initiative »Morgenstadt« und hat seit Mai 2012 sechs internationale Vorreiterstädte analysiert. Dabei hat das Projektteam über 100 Best Practices für nachhaltige Stadtentwicklung aus acht Forschungssektoren untersucht. Herausgekommen sind dabei 50 innovative und wegweisende Ideen für Einzelprojekte in kleineren Konsortien aus Industrie, Kommunen und Forschung. Gleichzeitig entwickeln die Fraunhofer-Forscher auf Basis der Analysen ein Instrument, mit dem Stadtsysteme zukünftig in Bezug auf deren Nachhaltigkeits-Performance analysiert werden können.

So dynamisch sich viele Städte heute über der Erde verändern, so starr sind sie oft im Untergrund. Traditionelle Leitungsnetze der Zu- und Abfuhr von Wasser verschlingen hohe Kosten. Abhilfe schafft hier das System »DEUS 21«. Dieses »Dezentrale Urbane Infrastruktur-System« ist eine im Bundesgebiet bisher einzigartige Form der kommunalen Wasserwirtschaft und wird vom Bundesministerium BMBF mit zwei Millionen Euro gefördert. Das Projekt unter Federführung des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB sammelt das Regenwasser. In einer zentralen, modernen Membrananlage zu Trinkwasserqualität aufbereitet, steht es den Haushalten dann als hygienisch einwandfreies Brauchwasser zur Verfügung. Dieses Wasser eignet sich zur Körperpflege, um Geschirr und Wäsche zu waschen, Toiletten zu spülen oder den Garten zu bewässern. Salzfrei wie es ist, kann bei der Heißwasserzubereitung auf Entkalkungsmittel und in der Waschmaschine auf Weichspüler verzichtet werden. Mit dem System DEUS 21 zur Abwasserreinigung werden die Abwasserbestandteile darüber hinaus zu Biogas und die Nährstoffe Stickstoff und Phosphor zu einem verwertbaren Düngesalz umgesetzt. Das Biogas versorgt die Anlage mit Strom und Wärme. Überschüssiger Strom wird in das Versorgungsnetz eingespeist. Die Abwasserreinigung ist verfahrenstechnisch so ausgelegt, dass praktisch kein Klärschlamm entsteht.

Software

Fachleute erwarten durch die konsequente Anwendung von Building-Information-Modeling-Methoden (BIM) wichtige Impulse zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Bau- und Immobilienwirtschaft. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert jetzt im Rahmen seines Förderschwerpunktes »Mittelstand-Digital« das Forschungsprojekt »BIMiD – BIM-Referenzobjekt in Deutschland«, das anhand eines konkreten Bauprojekts beispielhaft BIM-Methoden demonstrieren und evaluieren wird. Kürzlich wurde in Berlin das Bauvorhaben präsentiert, anhand dessen in den kommenden zwei Jahren idealtypische BIM-Prozesse modellhaft demonstriert und wissenschaftlich evaluiert werden. Die Entscheidung fiel nach einem mehrmonatigen Auswahlverfahren unter knapp einhundert Kandidaten für das Neubauvorhaben „Bürogebäude Haus H“ der Volkswagen Financial Services AG in Braunschweig. Alle Beteiligten arbeiten während des gesamten Lebenszyklus des Bauprojekts an einem einzigen Datenmodell. Damit wird eine größtmögliche Effizienz- und Qualitätssteigerung durch einen einheitlichen Planungsprozess erreicht.

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