Raumlufthygiene und Einsatz von Luftreinigungstechnologien in Filmtheatern in der Covid-19-Pandemie

Im Projekt »CineCov« forschten wissenschaftliche Teams interdisziplinär an Lösungen, wie Filmtheater auch in einer Pandemie unter geringem Infektionsrisiko besucht werden können. Unter Federführung des Fraunhofer IBP entstand eine Online-Anlaufstelle für Kinobetreibende mit Musterhygienekonzepten und einem Lüftungskonfigurator zur Raumlufthygiene. Damit sind neben den bekannten Lüftungsmaßnahmen ergänzende Bausteine verfügbar, um das Infektionsrisiko in dicht belegten Räumen weiter zu senken. Dies hilft in der akuten pandemischen Lage, sichert jedoch auch einen hygienischen Betrieb bei künftigen Gesundheitskrisen.

© Fraunhofer IBP

Auf eine erneute Infektionswelle im Herbst können sich Kinobetreibende von jetzt an mit Hilfe einer umfassenden Anlaufstelle mit Hygieneleitfäden und Lüftungssimulator vorbereiten. Das Konzept hat das Fraunhofer IBP im Rahmen des Projekts »CineCov«, gemeinsam mit dem Institut für Arbeitsmedizin, Sicherheitstechnik und Ergonomie e.V. (ASER), der Universität der Bundeswehr München, dem Institut für Strömungsmechanik und Aerodynamik, Fraunhofer Singapore, Fraunhofer Austria auf Initiative der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e. V. (SPIO) und mit Förderung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) entwickelt.

Unter www.cinecov.de stehen den Kinobetreibenden ein Leitfaden zur Raumlufthygiene sowie ein Muster für das geforderte Hygienekonzept zur Verfügung. Außerdem finden sie über die durch das Institut ASER bereitgestellten Online-Dialoge Antworten auf darüber hinaus gehende Fragen für Filmtheater sowie den Gesundheitsschutz in Betrieben. Bestehende Maßnahmen wie Maskenpflichten, verringerte Belegungszahlen und erweiterte Lüftungsmaßnahmen für die Kinosäle werden dadurch ergänzt.

Zudem können die Akteure mittels eines Lüftungskonfigurators ihre bestehenden Lüftungsmaßnahmen bewerten und darauf aufbauend ein auf ihr Kino zugeschnittenes Konzept entwickeln. Dieses vom Fraunhofer IBP und Fraunhofer Austria umgesetzte Werkzeug basiert auf den im Projekt CineCov eingesetzten Ausbreitungssimulationen. Hierfür wurden drei typische Kinosäle unterschiedlicher Größe und Durchlüftung betrachtet: das Cincinatti in München mit einem großen Saal und Mischlüftung, das Neue Rex in München mit einer modernen und für Kinos mittlerweile typischen Quelllüftung, und der Trifthof in Weilheim mit einem kleinen Saal und einer Lüftung über Weitwurfdüsen. Gemeinsam mit Expertengruppen der Universität der Bundeswehr München wurden hier Strömungsversuche mit Tracer-Gasen und künstlichen Aerosolen durchgeführt, um deren Ausbreitung im Saal für den Abgleich mit der Simulation zu ermitteln. Um einzuschätzen, ob die im Konzept hinterlegten Luftmengen genügen, das Infektionsrisiko vergleichbar gering zu halten, steht nun der CineCov-Konfigurator online zur Verwendung bereit.

Zusätzlich zu den herkömmlichen Maßnahmen können bei Bedarf zur weiteren Verringerung des Infektionsrisikos ergänzende raumgreifende Luftreinigungstechniken zum Einsatz kommen. Mittels Surrogat-Viren (Modellviren) analysierte die Hygiene- und Raumklima-Forschungsgruppe des Fraunhofer IBP, ob bzw. wie viele infektiöse Aerosole im unmittelbaren Umfeld einer Virusquelle nachweisbar sind – mit und ohne solche Techniken. Im Vergleich zur Nullmessung konnte die Viruslast um mehr 90%, teils bis zu 99% bei der ersten Probennahme reduziert werden, während bei der Referenzsituation ohne Raumluftreinigung keine Abnahme zu beobachten war. Somit konnte durch solche Technologien das mögliche Infektionsrisiko im Umfeld der Virusquelle erfolgreich gesenkt werden. Betont sei dabei, dass die hier untersuchten raumumfassenden Reinigungstechnologien im konkreten Einzelfall als Ergänzung zu bestehenden raumlufthygienischen Konzepten gemäß Empfehlungen des UBA und der BKM zu sehen sind.

Darüber hinaus sind auch organisatorische Maßnahmen der Besucherlenkung ein probates Mittel um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Hierzu wurden mittels Agentensimulation verschiedene Maßnahmen für die Reduktion von nahen Begegnungen im Kino untersucht.

Das Projekt »CineCov« wird mit Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gefördert. 

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