Paris Air Show 2017

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Der Luftverkehr boomt weiterhin und so steht die Reduzierung des ökologischen Einflusses auch künftig im Fokus neuer Entwicklungen. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die enorme Erfolgskurve der letzten Jahre bei der Effizienzsteigerung der Triebwerke nicht mehr in diesem Maße nach oben zeigen wird. Daher werden zunehmend disruptive Ansätze erforscht, um auch weiterhin die Umweltbelastung bei steigendem Flugverkehr stabil halten zu können. Hierzu gehören neue Flugzeugarchitekturen, wie zum Beispiel der Blended Wing Body (Nurflügler) und More Electric Aircrafts (MEA). Für diese beiden Entwicklungen sind Werkzeuge zur schnellen Evaluierung von Kabinenklima und thermischem Management von Hochleistungselektronik gefragt. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP hat auf diese Anforderungen reagiert und dafür die Indoor Environment Simulation Suite (IESS) entwickelt. Aktuelle Test- und Simulationsmodelle für die Luftfahrtindustrie präsentieren die Wissenschaftler von 19. bis 25. Juni auf der »Paris Air Show Le Bourget 2017 S.I.A.E.« (Halle 1, Stand H295).

Thermal Test Bench in Holzkirchen.
© Fraunhofer IBP
Die Thermal Test Bench mit dem dazugehörigen AirCraft Calorimeter ist ein thermischer Prüfstand und erschließt den Wissenschaftlern am Fraunhofer IBP neue Forschungsmöglichkeiten für die Luftfahrtindustrie.
Tests mit dem DressMAN 2.0 im Flugzeuginneren.
© Fraunhofer IBP
Tests mit dem DressMAN 2.0 helfen bei der Bewertung des Kabinenklimas.

An seinem Standort in Valley bei Holzkirchen verfügt das Fraunhofer IBP über eine weltweit einmalige Testeinrichtung, die »Flight Test Facility« (FTF). In einer Niederdruckkammer befindet sich ein originales Flugzeugsegment eines A310 mit rund 15 Meter Länge und Platz für bis zu 80 Probanden. Neben Untersuchungen zum Kabinenklima wird auch das Flugzeug als Gesamtsystem erforscht. Dabei werden beispielsweise Cockpit, Passagierkabine, Avionik und Frachtraum unter energetischen Aspekten und Nutzungsanforderungen betrachtet. Weitere hier entwickelte innovative Einrichtungen und Modelle unterstützen die Branche, die stetig wachsenden Anforderungen an Flugzeuge zu etablieren.

Zur Bewertung des Kabinenklimas und des thermischen Managements von Hochleistungselektronik in Flugzeugen haben die Wissenschaftler die Indoor Environment Simulation Suite (IESS) entwickelt, deren Modelle innerhalb von Minuten auf einem Standard-Notebook aussagekräftige Ergebnisse liefern. Damit können in kurzer Zeit verschiedenste Klimatisierungsansätze der Kabine, wie auch das thermische Management von Geräten evaluiert werden. Im Rahmen von Clean Sky 2 werden zudem Berechnung der Feuchtigkeitsverteilung und der Luftqualität in die IESS integriert. Die IESS ist die einzige Plattform, die auf eine Validierung mit realistischen Bodentests zurückgreifen kann. Die Kombination von Simulationen mit repräsentativen Tests in den Fraunhofer IBP Flight Test Facilities hat sich in mehreren Projekten als äußerst zuverlässige Methode herausgestellt, das Systemverhalten von kompletten Flugmissionen bereits in der Designphase zu co-validieren.

So werden auf zeit- und kosteneffiziente Weise raumklimatische Details, wie z. B. Temperatur, Luftfeuchte, CO2-Konzentration und instationäre Randbedingungen in einem zonalen Ansatz simuliert und auf den Full-Scale Testständen validiert. Damit wird sichergestellt, dass die Physik hinter den Messungen verstanden ist, und dass die Messungen richtig bewertet wurden. Insbesondere ist es mit diesem Ansatz möglich, nun auch nicht direkt messbare Größen zuverlässig indirekt zu bestimmen. Im Gegensatz zu CFD (Computational Fluid Dynamics) sind die Simulationsergebnisse hierdurch wesentlich praxisrelevanter und in deutlich kürzerer Zeit verfügbar.

Eine Vision, die die Luftfahrtindustrie ungebrochen vorantreibt und die zukünftigen Flugzeugentwicklungen entscheidend beeinflusst, heißt »all-electric«. Dabei wird unter anderem der Einsatz von elektrisch angetriebenen Systemen, anstelle von zum Beispiel hydraulischen oder mechanischen, zur Steuerung sämtlicher Funktionen realisiert. Parallel dazu wird die Verwendung leichter Materialien in der Entwicklung für neue Flugzeuge verfolgt. Ziel ist es, Gewicht und somit Treibstoffverbrauch zu reduzieren. Um die Umsetzbarkeit zu demonstrieren und das damit verbundene Energiemanagement im Flugzeug zu entwickeln und zu validieren, hat das Fraunhofer IBP seine Testlabore um eine weitere einzigartige Einrichtung erweitert. Die »Thermal Test Bench« (TTB), ein thermischer Prüfstand, eröffnet den Wissenschaftlern und ihren Partnern aus der Industrie zusätzliche Möglichkeiten in diesem Forschungsfeld. Der Prüfstand spielt eine wichtige Rolle bei der Simulation, Validierung und Prüfung neuer Systeme unter thermischen Gesichtspunkten. Hier ist ein originaler Flugzeugrumpf im Einsatz, der – in drei typische Bereiche des Flugzeugs (Cockpit, Kabine und Heck) aufgeteilt – verschiedenste thermische Messungen ermöglicht. Der Flugkörper kann ausgetauscht und beispielsweise durch eine Helikopterkabine ersetzt werden.

Ergänzt wird der Prüfstand durch das »AirCraft Calorimeter« (ACC) zur Simulation extremster Bedingungen wie »Rapid Decompression« (rasanter Druckabfall in der Kabine) oder einem »Thermal Shock«(extrem schnelle Temperaturveränderungen, wie sie beispielsweise durch die Beschädigung der Kabinenstruktur im Flug auftreten könnten). Die TTB bietet enorme Vorteile: durch sie reduziert sich die Anzahl notwendiger Testflüge, sodass auf diese Weise nicht nur Kosten gespart, sondern auch die Umwelt geschont wird.

Das Fraunhofer IBP zeigt auf dem Gemeinschaftsstand der Fraunhofer-Gesellschaft in Halle 1 detaillierte Animationen und Präsentationen zum Aufbau der Forschungseinrichtungen und den Testmöglichkeiten.

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