Menschen und ihr akustisches Umfeld stehen im Mittelpunkt

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Die faszinierende Welt der Akustik und ihre Einbettung in aktuelle wissenschaftliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen eröffnet die Fachtagung DAGA. Die 48. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Akustik (DEGA) findet sowohl vor Ort in Stuttgart als auch online statt und bringt mehr als 1.200 Fachleute aus 27 Ländern zusammen. Wie lassen sich Störgeräusche in Großraumbüros unterbinden oder wie der Schallschutz in Holzhäusern bewerten, stehen beispielhaft für die umfassenden Fragestellungen der DAGA 2022, die den Menschen und sein akustisches Umfeld in den Mittelpunkt rücken.

Luftreinigungsgeräte optimieren
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Gestaltung geräuscharmer Luftreinigungsgeräte.
Sanitär-Installationen aus Installationsregistern
© Fraunhofer IBP
Systematisch planbare Sanitär-Installation aus vorgefertigten Installationsregistern.
Offenes Großraumbüro
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Akustisch anspruchsvoll: Die Reduzierung von Störungen durch Hintergrundsprache in Mehrpersonenbüros.

Urbane Akustik: Wie klingen die Städte?

Was Städte angeht, so dominiert vor allem der Straßenverkehr die Geräuschkulisse – daran konnte auch die wachsende Zahl an Elektrofahrzeugen bislang wenig ändern. Soll sich die Hörqualität in Städten verbessern, ist eine ganzheitliche Herangehensweise nötig, die Fahrzeuge und Gebäude sowie Verkehr und Infrastruktur berücksichtigt – sei es über Regeln und Anreize, technische und bauliche Lösungen oder Informations- und Steuerungsmethoden. Dabei ist die Akustik im Kontext der urbanen Entwicklungsziele einzukalkulieren und in eine nachhaltige Transformation der Städte zu integrieren. Philip Leistner und Peter Brandstätt aus dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP betrachten urbane Mobilität aus verschiedenen Perspektiven und stellen aktuelle Erkenntnisse aus unterschiedlichen Bereichen sowie Forschungsansätze und Umsetzungsversuche vor.

 

Schallschutz im Holzbau

Hinsichtlich des Schallschutzes von Holzhäusern gibt es immer noch Vorbehalte. Wie sich die akustische Qualität von Wohnhäusern im Holzbau schnell und verständlich beurteilen lässt – darüber berichten Noemi Herget, Benjamin Müller und Thomas Busse, Forschende des Fraunhofer IBP, anhand eines aktuellen Forschungsprojekts. Das Ziel: Eine Beurteilungsskala für die akustische Qualität von Wohnhäusern im Holzbau, also ein Bewertungsmaßstab, mit dem sich Holzbaukonstruktionen hinsichtlich ihrer Schallschutzwirkung einstufen lassen. Existierende Schallschutzkennwerte übersetzte das Team in leicht verständliche Erfahrungswerte. Dazu erfassten sie unter anderem trittschalldämmende Eigenschaften von Bauteilen in 16 exemplarischen Gebäuden und führten bauakustische Messungen durch. In anschließenden Befragungen bewerteten Bewohnerinnen und Bewohner die akustische Qualität. Auf der Tagung stellt das Expertenteam die Ergebnisse der Messungen, der Befragung und des Hörversuchs vor.

 

Luftreinigungsgeräte ja, aber leise!

Seit der Corona-Krise stehen in vielen Büro-, Wohn- und Klassenräumen Luftreinigungsgeräte. Da diese während der Arbeits- oder Unterrichtszeit nicht ausgeschaltet werden sollen, dürfen sie nicht störend laut sein. Wie sich Luftreinigungsgeräte akustisch charakterisieren und optimieren lassen, untersuchte das Fraunhofer IBP im Projekt »ReinluftAkustik«: Auf der DAGA 2022 präsentieren Karlheinz Bay und Jens Rohlfing die Resultate, insbesondere zur Bestandsaufnahme normativer Verweise, Empfehlungen und Förderrichtlinien, und stellen diese den akustischen Gerätekennwerten gegenüber. Dabei gilt es, hygienische und akustische Anforderungen gleichzeitig einzuhalten. Auch betrachten die wissenschaftlichen Teams die Schallquellen und Schallübertragungswege von Luftreinigungsgeräten akustisch und stellen mögliche hybride aktive und passive Schallschutzkonzepte vor.

 

Höhere Zufriedenheit im Großraumbüro

Im Großraumbüro zu arbeiten, kann herausfordernd sein: Unterhalten sich die Mitarbeitenden über Dinge, die mit der eigenen Aufgabe nichts zu tun haben, lenkt dies ab, stört und beeinträchtigt die Leistung. Sowohl Konzentration und Arbeitseffektivität als auch die Mitarbeiterzufriedenheit sinken rapide. Sprachmaskierung soll diesen »Irrelevant Speech Effekt« vermeiden. Klassischerweise geben dazu Lautsprecher im Büro ein statisches Rauschen wieder. Kann ein speziell für Kopfhörer entwickeltes harmonisches Maskierungssignal die Sprachverständlichkeit eines gegenübersitzenden Mitarbeiters besser reduzieren als der klassische Ansatz? Dies diskutieren Benjamin Müller, Mariella Laubengeiger und Noemi Herget des Fraunhofer IBP auf der diesjährigen Fachtagung. Dazu erörtern sie kognitive Leistungstests, die Personen mit beiden Sprachmaskierungen absolvierten, sowie Umfragen zur Nutzerakzeptanz. Das Ergebnis in Kurzform: Das entwickelte harmonische Maskierungssignal maskiert die Unterhaltungen ebenso gut und garantiert eine deutlich höhere Nutzerzufriedenheit.

 

Abwassersysteme auf dem akustischen Prüfstand

Drückt man die WC-Spülung, kann dies Geräusche verursachen, die man wirklich nicht hören will: Denn das Wasser fließt in das Fallrohr des Abwassersystems und lässt die Rohrstruktur schwingen. Befestigungselemente wie Rohrschellen leiten diese Schwingungen in die Wände und andere Bauteile. Dieser Körperschall von Abwasserleitungen verursacht üblicherweise den störenden Lärm. Doch wie ist das akustische Verhalten eines Rohrsystems? Dies lässt sich in einem Prüfstand untersuchen – normgerecht nach EN 14366 – in dem das Rohrsystem samt Befestigungselementen, jedoch getrennt von den übrigen Sanitärinstallationen, aufgebaut wird. So lassen sich verschiedene Rohrsysteme miteinander vergleichen und praxisgerechte Prognosen erstellen. Die neuen Ergebnisse aus dem Massivbauprüfstand am Fraunhofer IBP in Stuttgart stellen Bernd Kaltbeitzel, Joachim Mohr, Simon Müller und Sven Öhler vor. 

Ausgerichtet wird die jährlich stattfindende Fachtagung in diesem Jahr durch das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP sowie der Universität Stuttgart, unterstützt von der Hochschule für Technik, der Hochschule der Medien sowie von namhaften Unternehmen und Institutionen. Stuttgart ist als Ausrichtungsort wie geschaffen: Schließlich ist die Landeshauptstadt von Baden-Württemberg nicht nur Automobil- und Medienstadt, sondern auch Kultur- und Sportstadt – gute Gründe also, dass die DAGA bereits zum vierten Mal dort tagt. 

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